Schadensersatzrecht
Verkehrsunfall in Dänemark
Nicht selten kommt es bei Urlaubs- oder Geschäftsreisen unglücklicherweise zu Verkehrsunfällen oder anderen Umständen, die einen Personen- und/oder Sachschaden zur Folge haben.
Neben möglichen Verständigungsproblemen fehlt häufig das Wissen darüber, wie mit solchen Situationen am besten umzugehen ist.
Mit über 25 Jahren Erfahrung in diesem Gebiet stehen wir gerne beratend zur Seite, sollten Sie in einen Unfall in Dänemark verwickelt sein. Vielen Deutschen ist es nicht bewusst, dass das dänische Schadensersatzrecht einige gravierende Unterschiede zum deutschen Recht aufweist, sodass es sich stets lohnt, etwaige Ansprüche hier in den Blick zu nehmen und vertieft zu prüfen.
Der bedeutendste Unterschied zum deutschen Recht besteht bei Personenschäden. Ein Anspruch auf beispielsweise Schmerzensgeld oder Erstattung der Behandlungskosten und des Verdienstausfalls besteht in Dänemark verschuldensunabhängig. Das bedeutet, dass auch diejenigen, die den Unfall verschuldet haben, sei es aus Unachtsamkeit oder Fahrlässigkeit, nicht jedoch vorsätzlich oder grob fahrlässig, Ansprüche beim unschuldigen Unfallgegner geltend machen können. Wenn Sie mehr über das dänische Schadensersatzrecht erfahren, dann lesen Sie gerne hier weiter:
Dänisches Schadensersatzrecht
I. Anzuwendendes Recht
Eingangs kann festgestellt werden, dass bei einem Unfall, der in Dänemark passiert, in der Regel dänisches Recht Anwendung findet.
Nach internationalem Privatrecht ist die Frage der Haftung grundsätzlich nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem sich der Unfall ereignet hat. Es greift der Grundsatz „lex loci delicti“, das sogenannte „Tatortprinzip“.
Welches Recht ist jedoch anwendbar, wenn ein deutscher Pkw auf einer Dienstreise in Dänemark verunglückt und die Arbeitnehmer Ansprüche gegen ihren Arbeitgeber richten wollen? Macht es hier einen Unterschied, ob ein dänischer Unfallgegner vorhanden ist?
Letztlich gilt folgendes: Es ist immer genau der Einzelfall zu prüfen.
Jedoch wurde uns kürzlich in dritter Instanz bei der Abwicklung eines Verkehrsunfalles einer unserer deutschen Mandanten in Dänemark die Anwendung von dänischem Recht mit einer höchstrichterlichen Entscheidung des Højesteret København vom 31. August 2020 bestätigt. Unsere Mandanten waren gemeinsam mit ihrem Arbeitgeber auf Dienstreise, als der Arbeitgeber einen Verkehrsunfall verursachte. Die Entscheidung führte dazu, dass die deutschen Arbeitnehmer nach dänischem Recht hohe Schadensersatzansprüche gegen die Haftpflichtversicherung geltend machen konnten, die nach deutschem Recht hingegen ausgeschlossen wären.
II. Ansprüche des Unfallverursachers
Besonders interessant, dem deutschen Rechtsempfinden jedoch widerstrebend, ist die Tatsache, dass im dänischen Recht ein Anspruch auf Schadensersatz bei Personenschäden verschuldensunabhängig ist. Fährt also beispielsweise ein Deutscher auf ein dänisches Auto auf oder übersieht ein Stopp-Schild, woraufhin es zum Zusammenstoß mit einem dänischen Wagen kommt, kann auch der deutsche Unfallverursacher Schmerzensgeldansprüche bei der Versicherung des schuldlosen Unfallgegners geltend machen. Hier greift also (bis auf wenige Ausnahmen in Form von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit) die sogenannte Gefährdungshaftung des dänischen Straßenverkehrsgesetzes, die weitreichender als die deutsche Gefährdungshaftung ist. Auf den Punkt gebracht heißt das also: Auch der Schadensverursacher kann zum Beispiel Ansprüche auf Schmerzensgeld und Behandlungskosten bei der gegnerischen Versicherung des Geschädigten geltend machen.
III. Personenschäden
Welche Schadenspositionen bei Personenschäden geltend gemacht werden können, ist im dänischen Haftungsgesetz festgelegt. Für die folgenden Schadensposten kann Schadensersatz verlangt werden:
- Behandlungskosten
- Verdienstausfall
- Schmerzensgeld
- Langzeitschäden
- Erwerbs-/ Arbeitsunfähigkeit
- Ansprüche der Hinterbliebenen bei Todesfall
- Behandlungskosten
Tatsächlich entstandene Krankenhaus-, Arzt- und sonstige Heilbehandlungskosten werden erstattet, wobei die Kosten, die bereits durch die Krankenversicherung oder persönliche Unfallversicherung des Geschädigten gedeckt sind, aufgerechnet werden.
Den Behandlungskosten unterfallen beispielsweise der Krankenhausaufenthalt, der Transport von und zum Krankenhaus sowie medizinische Hilfsmittel. Auch Ausgaben naher Verwandter, z.B. Kosten für Krankenhausbesuche, können in besonderen Fällen geltend gemacht werden.
Wichtig ist hierbei jedoch, Rechnungen für die entstandenen Kosten vorlegen zu können.
- Verdienstausfall
Bei einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit kann der Geschädigte für den tatsächlich eingetretenen Verdienstausfall Schadensersatz geltend machen. Dieser berechnet sich nach dem Einkommen des Geschädigten.
- Schmerzensgeld
Ferner steht dem unmittelbar durch den Unfall Geschädigten für die Dauer der vorübergehenden Erwerbsunfähigkeit ein gesetzlich festgelegtes verschuldensunabhängiges Schmerzensgeld zu. Der Betrag beläuft sich derzeit auf 210 DKK (Stand: 2020) (ca. 28,20 €) pro Krankheitstag, ist jedoch auf maximal 80.000 DKK (ca. 10.750 €) begrenzt.
- Langzeitschäden
Stellt sich heraus, dass die beim Unfall erlittenen Verletzungen ursächlich für einen Dauerschaden geworden sind, erhält der Geschädigte eine einmalige Zahlung. Für die Berechnung des auszuzahlenden Betrages wird anhand einer Schadenstabelle der entstandene Schaden nach Prozentpunkten von 5 % bis 100 %, bei besonders schweren Schäden sogar bis zu 120 %, ermittelt. 1 % entspricht 9.180 DKK (ca. 1.200 €), sodass bei 100 % eine Entschädigungsleistung in Höhe von 918.000 DKK (Stand 1. Januar 2020) (ca. 120.000 €) gezahlt wird. Es gibt jedoch weitere gesetzliche Regelungen, u.a. eine altersbedingte Reduzierung des auszuzahlenden Betrages.
- Erwerbs-/ Arbeitsunfähigkeit
Neben dem Erwerbsschaden aufgrund eines vorübergehenden Verdienstausfalls (s.o.) kann auch der durch die Invalidität bedingte zukünftige Verdienstausfall geltend gemacht werden. Es muss sich hierbei um eine ganze oder teilweise, d.h. mindestens zu 15 % unfallbedingte Invalidität handeln. Dieser Entschädigungsanspruch für den zukünftigen Verdienstausfall wird unter Zugrundelegung des vor dem Unfall erzielten Jahresbruttoeinkommens sowie des Alters des Geschädigten berechnet. Die Entschädigungsleistung erfolgt als einmalige Kapitalabfindung und beträgt maximal 9.638.000 DKK (knapp 1,3 Mio. Euro).
- Ansprüche der Hinterbliebenen bei Todesfall
Auch Hinterbliebene, die der getöteten Person besonders nahestanden, haben grundsätzlich einen Entschädigungsanspruch. Dieser besteht, wenn der Täter den Tod des Verstorbenen vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat.
Der Schadensersatz für den Ehegatten oder Lebensgefährten des Verstorbenen liegt bei 30 % von dem, was der Getötete bei völliger Erwerbsunfähigkeit voraussichtlich als Verdienstausfall erhalten hätte. Die Untergrenze liegt jedoch bei 1.031.000 DKK (knapp 140.000 €).
Die Berechnung des Schadensersatzes für hinterbliebene Kinder ergibt sich aus dem Gesetz über die Rechtsstellung von Kindern.
War die/ der Getötete nicht erwerbstätig, hat jedoch z.B. durch die Führung des Haushaltes Unterhaltsleistungen erbracht, wird der entgangene Unterhalt entsprechend des Unterhaltes bei Erwerbstätigen (s.o.) berechnet. Der Wert der Hausarbeit wird dabei einem gewerblichen Einkommen gleichgestellt.
Zudem hat der Schadensverursacher einen Übergangsbetrag von 173.000 DKK (ca. 23.248 €) an den hinterbliebenen Ehegatten oder Lebenspartner (wenn nicht vorhanden, an einen anderen nahestehenden Hinterbliebenen) zu zahlen. Dieser soll unter anderem dazu dienen, die Beerdigungskosten zu decken.
Auch hier gibt es einige weitere gesetzliche Einschränkungen, wie z.B. die altersbedingte Kürzung des auszuzahlenden Betrages.
II. Sachschäden
Bei Sachschäden gilt Gleiches wie im deutschen Recht – es greift das Verschuldensprinzip.
Das bedeutet, dass jeder Unfallbeteiligte anteilig (entsprechend seiner Schuld) haftet. Grundsätzlich erstattungsfähig sind dabei Reparaturkosten, der Wiederbeschaffungswert bei Totalschäden, Abschleppkosten und sonstige unfallbedingte Sachschäden. Gutachterkosten werden in der Regel nicht erstattet, zumal dänische Versicherungsgesellschaften über eigene Sachverständige verfügen oder sich mit Kostenvoranschlägen von Reparaturwerkstätten begnügen. Mietwagenkosten werden indes nur übernommen, sofern nachgewiesen werden kann, dass das Fahrzeug dringend beruflich benötigt wird. Eine Wertminderung ist nur erstattungsfähig, sofern das Fahrzeug nicht älter als zwei Jahre ist und ein schwerwiegender Schaden vorliegt. Die Bestimmung des Schadensausmaßes und der damit einhergehenden Wertminderung übernimmt in erster Linie der Gutachter der gegnerischen Versicherung.
Um die Sachschäden ersetzt zu bekommen, ist es von großer Bedeutung, Nachweise zu erbringen. Das heißt, dass beispielsweise Reparaturkosten nur gegen Vorlage einer quittierten Reparaturkostenrechnung erstattet werden. Zudem sollte der gegnerischen Versicherung vor Beginn der Reparaturarbeiten eine Besichtigung des Fahrzeuges ermöglicht werden. Es empfiehlt sich darüber hinaus, zunächst eine schriftliche Kostenübernahmeerklärung von der Versicherung einzuholen. Wichtig ist zudem eine aussagekräftige Foto-Dokumentation der Schäden.
Anfallende außergerichtliche Anwaltskosten werden nicht vom Schadensersatzgesetz gedeckt und sind somit nicht erstattungsfähig. Bei einem besonders komplizierten Unfallhergang, in dem ein Mitverschulden nicht ausgeschlossen werden kann, empfiehlt es sich dennoch, einen dänischen Rechtsanwalt einzuschalten. Etwaige Sachschadensersatzansprüche verjähren nach fünf Jahren.
advokatfirma | meyer
Kurfürstendamm 57
D 10707 Berlin
Tel +49 (0)30 31 51 89 69 0
Fax +49 (0)30 31 51 89 69 9
E-Mail: contact@advokatfirma.de